Ich denke oft über die Gesellschaft nach. Wie ist sie im Moment? Wer profitiert? Wer verliert? Wie konnte es überhaupt dazu kommen? Was würde ich anders machen? Mit diesen Fragen bin ich nicht alleine. Viele denken darüber nach. In den Begegnungen, die ich habe und darüber spreche beobachte ich, dass wir alle viel wissen. Viel darüber, was nun schief gelauffen ist. Oder eben was im Moment schlecht ist. Und darüber sind sich fast alle einig. Kapitalismus und Grosskonzerne, die an Eigennutz interessiert sind beherrschen scheinbar das gesamte Spiel. Die Mehrheit fungieren als Marionetten und sucht sich innerhalb der gegebenen Bedingungen eine Nische, in der sie ihre Werte dennoch halbwegs leben können. Frage ich jedoch in den Begegnungen nach den Lösungen, sind die Antworten unterschiedlich wie Tag und Nacht. Und das fasziniert mich ungemein. Denn wir alle sind extrem komplexe Wesen in einem äussert komplexen System. Und es gibt nicht EIN Weg und DIE Lösung. Ich sehe es viel mehr so, dass es alle Ideen braucht. An so vielen Ecken und Kanten wie es nur geht. Und das Ergebniss aller Lösungsansätze führt zum grossen Endergebnis, was wir uns alle so sehnlich wünschen. Gemeinschaftlich. Kreierend. Eingebunden.
Ich komme aus einer Arbeiterschicht, die nicht nur geringe Entlöhnung bietet, sondern auch die verrichteteTätigkeit wenig wertschätzt. Das kann sehr frustrieren sein. Doch zu meinem Glück habe ich mir diese Tätigkeiten selber ausgesucht und sie mit Freuden ausgeübt. Nichts desto trotz ist mir nicht entgangen, dass es so einfach nicht fair ist. Die häufigste Begründung warum die Entlöhnung beispielsweise so tief gehalten wird, ist, weil das ja jede:r kann. Ich glaube, alle können alles, wenn sie es nur eine gewisse Zeit üben und immer wiederholen. Jede:r kann mit einem Messer eine Stelle des menschlichen Körpers aufschneiden und wieder zunähen. Und jede:r kann ein Gemisch aus mehreren Substanzen zu einer Masse anrühren und diese auf eine Wand auftragen. Wenn er:sie weiss wie es geht. Und es übt. In diesem Beispiel lehne ich mich etwas aus dem Fenster und Vergleiche das Handwerk eines Arztes / einer Ärztin mit dem eines Malers / einer Malerin. Mir ist durchaus bewusst, dass in der einen Branche viel mehr Wissen von Nöten ist und sehr schnell sehr viele Entscheidungen getroffen werden müssen. Plus eine höhere Verantwortung getragen werden muss. Deshalb dauert die Ausbildung auch vier mal so lange. Doch trotzdem will ich mit der Wahl dieser beiden Berufe etwas provozieren. Die Tätigkeit an sich ist immer simpel. Wir brauchen ein gewisses Talent und Übung und danach können wir es. Das ist dieser eine Punkt auf den ich hinaus will. Und dies ist mir so wichtig, weil ich davon überzeugt bin, dass wir wieder lernen müssen, gleichwertig zu sehen. Damit meine ich, dass wir nicht gewisse Talente über andere stellen. Viele Qualitäten werden als wertlos oder gar negativ betrachtet. In einem System was sehr linear und gewinnorientiert aufgebaut ist, kann ich dies nachvollziehen. Dass Mitgefühl dem wirtschaftlichen Wachstum weniger dient als effizientes Ausführen, leuchtet ein. Doch genau weil wir dies so sehen, ändert sich nichts. Weil wir – wenn wir ehrlich sind – wirklich glauben, dass die Arbeiten der niederverdienenden auch wirklich niedereren Wert haben. Wie kann sich also etwas ändern, wenn wir so denken? Und leider ist es nun einmal so, dass der Lohn dazu beiträgt, wie wertvoll eine Tätigkeit und somit ein Beruf ist. Und wir sogar soweit gehen, dass wir den Wert der Menschen daran messen. «Ah, NUR ein:e Handwerker:in…». «Oh, WOW, Architekt:in». In meiner Welt beobachte ich dies leider genau so, wie ich es eben schildere.
Was könnte nun also ein Weg sein, den Wert der Menschen wieder gleichzustellen, unabhängig der Tätigkeit, die wir ausüben? Genau. Lohngleichheit.
Warum erschüttern unsere Gemüte, wenn wir es auch nur in Betracht ziehen, uns vorzustellen, dass wir alle gleich viel [oder wenig] verdienen? Weil wir Angst haben zu wenig zu haben. Aber was, wenn wir alle zu viel hätten? Arbeit ist meist etwas, dass wir machen müssen, um zu überleben. Nicht viele gehen dem nach, was sie wirklich erfüllt. Doch MÜSSTEN wir nichts und dürften wir ALLES, dann würden wir nie nichts tun. Wir wollen kreieren, planen, umsetzen, gestalten. Es liegt in unserer Natur. Doch wir wissen nicht mehr, was das EINE Ding ist, was uns erfüllt. Wir werden direkt in die Maschinerie Gesellschaftssystem hineinerzogen, wo wenig Raum für selbstverwirklichende Gedanken bleibt. Also landen wir alle irgendwann an einem Ort, der uns gar nicht wirklich erfüllt. Und damit meine ich nicht nur das Fussvolk. Es gibt auch Professor:innen oder Ärzt:innen, die total fehl am Platz sind. Kämen wir nun wieder dahin, wo wir unsere Natur ausleben könnten, dann würden wir mehr arbeiten, als wenn wir gezwungen sind in einer Box zu stehen, für einen Arbeitgebenden, mit dem ich eigentlich wenig zu tun habe.
Würde ich nun mit Liebe und Herzblut Wissen vermitteln und würde in der selben Gemeinschaft ein Mensch liebend gerne Ordnung schaffen und Sauber machen, dann würde uns diese Tätigkeit enorm erfüllen. Es wär mir persönlich dann sehr gleichgültig, ob er oder sie genau gleich viel wie ich oder sogar mehr verdienen würde. Weil ich erfüllt bin von der Tätigkeit, die ich machen darf. Damit ich aber meiner Tätigkeit so nachgehen kann, wie es mir beliebt, brauche ich auch die Sicherheit, dass gewisse Bedürfnisse gedeckt sind. Ein Dach über dem Kopf und genügend Essen, müssten schon gegeben sein. Wenn ich nun also genau weiss, welche Umgebung mir dienen würde, um für mein Wohlbefinden zu sorgen und würde ich dann genau die Menge an Geld zu verfügung haben, um mir das zu sichern, dann wäre es mir zu hundert Prozent Wurst, wer was wofür bekommen würde. Jetzt sind also zwei Faktoren interessant. Gleichheit im Wert der Tätigkeit UND folglich dem Menschen. Klarheit über die eigenen Bedürfnisse.
Weiss ich was ich will, ist es mir glich was du hast. Wenn ich in meinem süssen Holzhäusschen in Waldnähe auf kleinem Raum hause, mein Gemüse aus dem Garten ernten kann und mit meinem Fahrrad tolle Ausflüge unternehmen kann, dann habe ich vieles was mich erfüllt. Bräuchtest du ein grosses Haus in der Stadt, was vielleicht zehn mal so viel Kosten aufwirft, als ich selber benötige, dann wäre mir dies egal. Das Projekt, in dem wir alle wirken, ist das Geschenk von allen für alle. Es geht nicht ohne dich. Und nicht ohne mich. Wollen wir alle darin wirken, brauchen wir alle unsere Bedürfnisse gedeckt haben. Dafür müssen wir sie zuerst kennen. Bin ich beständig darin und weiss ich was mir gut tut und was ich brauche, um mich zu erholen und die Zeit für mich zu geniessen, kann eine andere Person sehr gerne zehn mal mehr nehmen. Ihr Einsatz, den sie erbringt, dient wieder dem Projekt und ich bin froh, wenn es Existiert. So ist der Lohn dann zwar nicht gleich, aber er ist auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmt.
Ein anderes Beispiel: Würde im gleichen Projekt eine Mutter mitwirken und nur 40 Prozent ihrer Zeit investieren können, weil sie die andere Zeit dem Kind widmen möchte, dann wäre es für mich logisch, dass sie den gleichen Anspruch auf vollen Lohn hätte, wie alle anderen auch, weil sie ja in der anderen Zeit dafür sorgt – und somit arbeitet – dass unsere Art erhalten bleibt. Sie ermöglicht also in dem Moment überhaupt, dass wir Projekte realisieren können. Warum sollte sie dann dafür nicht so viel nehmen können wie sie braucht?
Es gibt in der ganzen Lohngleichheits-Diskussion noch einen Aspekt, der immer damit einhergeht: Hierarchie. Damit ich nicht fehlgedeutet werde, hier noch etwas dazu: Keine Hierarchie finde ich nicht sinnvoll. Ich glaube eien gwisse Hierarchie kann einem Projekt sehr dienen. Doch nur weil es eine Hierarchie unter den Rollen gibt, heisst es nicht, dass es auch eine im Lohn geben muss. Das würde ich differenzieren. Doch im Moment führt leider die Lohnungleichheit dazu, dass meine ausgeführte Handlung weniger Wert hat, als die eines CEOs eines Grossunternehmens und davon möchte ich die Gesellschaft entfernen. Wir sind alle wichtig und wertvoll. Die Lohngleichheit würde diese Ansicht unterstützen und fördern.
Es sind nun zwei Ideen im Raum. Einaml die Gleichheit aller Löhne und einmal der individuelle Lohn. Bei beiden ist es zentral, dass wir den Wert aller Qualitäten und Talenten gleich schätzen und dass wir für uns herausfinden, was wir wirklich brauchen, um uns wohl zu fühlen. Eine Villa? Ein Wohnmobil? Viele materielle Dinge? Viele Abenteuer? Viel Unterhaltung? Oder eben wenig? Wenig haben. Sein.