top of page

ICH REISE. ALLEINE.

Mit dem Fahrrad von Basel nach Marokko. Alleine. Ich will mich selber finden. Antworten auf meine Fragen finden. Das will ich schon lange. Solange ich denken kann? Niemand hat mir beigebracht wie das geht. Also gehe ich selber auf den Weg.


Ich behaupte nicht, dass nur weite, abenteuerliche Reisen die Antworten auf unsere Fragen bereit halten, doch in meinem Fall ist es genau so.


Mein Wunsch, ein Leben im Dienst Aller zu leben ist so gross, nichts würde mich mit mehr Freude und Liebe erfüllen, als Teil des Grossen zu sein und meine Fähigkeiten für eine sinnstiftenden Zukunft bereitzustellen. Und so trage ich die Frage, nach meinem Sinn stets im Herzen. Ich möchte mich von ihr leiten lassen. Und ich frage oft – So oft: Wie kann ich dienen? Mein Potential leben? Den richtigen Weg nehmen? Und so oft ich frage, so oft lausche ich vergebens. Nichts ist zu hören. Ich rufe in den Wald und er bleibt still. Doch ich weiss – ich vertraue – die Antwort wird kommen. Zur richtigen Zeit. Ich weiss nur nicht, wann sie mich erreichen wird. Oder ist sie schon längst da und ich höre nur nicht richtig hin?


Ich verzweifle beinahe. Monate verstreichen und ich höre nichts. Bis ich dann eine ferne Stimme wahrnehme. Es ist eine meiner inneren Stimmen. Eine die mich antreibt. Sie ruft und sagt: «Lass uns über das Osterwochenende alleine im Wald übernachten und uns da in aller Ruhe der Frage hingeben.» Wenn ich so im Zweifel stecken, wie ich es in dieser Zeit tue, fällt es schwer, dieser Stimme Aufmerksamkeit zu schenken. Ich könnte mich ja täuschen. Doch je näher die Nacht rückt, desto klarer wird die Botschaft. Und schliesslich hilft mir das Universum insofern, dass genau an diesem einen Tag ALLE meine Freunde und sogar die Familie keine Zeit haben. Also keine Ausrede, warum ich meiner Stimme nicht folgen soll.


Ich packe Zelt + Schlafsack in einen Rucksack, binde ihn auf das Fahrrad und radle los zum nächsten Hügel. Es scheint mir eine Ewigkeit her zu sein, im Wald geschlafen zu haben, obwohl ich doch erst gerade von meiner Wanderschaft in Spanien heimgekehrt bin. Wie schnell das Hamsterrad der Gesellschaft greift.


Da bin ich nun, auf dem höchsten Punkt des Hügels. Zelt aufgestellt, Abendessen gekocht und der Dämmerung ergeben. Wundervoll. Ruhig. Ich höre in der Ferne die Landstrasse. Sie ist das Einzige, was mich gerade mit der Alltagswelt verbindet. Sonst bin ich friedvoll und lausche hin. Es zieht mich zur nahegelegenen Feuerstelle. Meine Aussicht: Der grösste und leuchtigste Vollmond aller Zeiten. Tiefe Demut überkommt mich. Dieser Moment ist Atemberaubend. Mystisch. Tief. Kaum setze ich mich hin und verbinde mich mit meinem Inneren Sein strömen sie endlich ein! Die Bilder, auf die Fragen die ich die letzen Monate gestellt habe. Ich sehe Wüstensand. Wind. Ein alter dürrer Araber in zerlumpten Kleidern. Steht im Sandsturm und wartet. Auf mich? Über dem Sturm ein Adler. Er zieht von Ost nach West. Am blauen Himmel entlang. Die Sonne am Zenit. Die weiten der Sahara.


Gerade erst die Augen geschlossen und jetzt sofort wieder aufgerissen. «Ich weiss genau, was zu tun ist.», so der Gedanke zu dem gerade erlebten. Reisen. Wüste. Alleine. Ich bin so klar, dass es mich beinahe überschlägt, als ich am nächsten Morgen den Hügel hinunter renne, um Allen die frohe Kund zu übermitteln.


Je mehr ich es Freunden und Bekannten erzähle, desto mehr schleicht sich der Zweifel ein. «Bist du sicher, dass du auf Grund eines Inneren Bildes einfach so in die Wüste ziehen willst?» «Mit dem Fahrrad? Ist das nicht gefährlich in Marokko?» «Alleine als Frau, das würde ich mir nochmals überlegen.» «In diesen verrückten Zeiten, gehst du auf Reisen?» Die Fragen gewinnen an Kraft und ich lege die Vision bei Seite. Nur kurz. Es schleicht sich eine Leer und Traurigkeit in mich hinein. Und dann erhebt sie sich: Meine Innere Stimme! Sie sagt: »Ja, ich bin sicher! Meine Visionen haben mich bis jetzt noch überall hin gebracht und ich habe es nie bedauert. Ich will es mit dem Fahrrad versuchen, denn ich habe meine Art zu Reisen noch nicht gefunden. Ich habe keine Angst vor Marokko oder den Menschen, auch nicht als Frau. Sie werden herzlich und neugierig sein, jedoch stets respektvoll. Und was heisst überhaupt verrückte Zeiten? Sind die nicht immer irgendwie verrückt?» Da ist sie! Meine Innere Kraft. Ich vertraue mir und meinem Weg. Ich werde stets geführt und beschützt. Und ich bringe den Mut auf, meiner inneren Stimme zu folgen. Auch wenn es nicht immer leicht ist, denn auch ich habe Ängste. Auch für mich ist es nicht leicht. Doch ich sage mir: «Du musst den Mut aufbringen, deine Ängste zu erkennen und über sie hinaus zu gehen. Denn sonst wirst du niemals diese Erfahrung machen, nach der sich deine Seele sehnt. Und wir würden stets hungrig bleiben und nach ihr lechzen.»


Und genau das tue ich. Ich bringe den Mut auf. Meine Absicht ist sonnenklar. Ich werde in die Wüste gehen. Alleine. Mit dem Fahrrad.


«Sich selbst zu lieben, heisst sich selbst zu sein.»

7 Ansichten

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

Ich bin unterwegs. Alleine. Es tut mir gut. Alleine. Ich bin ruhig. Jeder Tag ist anders. Unerwartet. Unvorhersehbar. Und doch ist das stetige unvorhersehbare die Beständigkeit jeden Tages. In dieser

Was bedeutet es, sich zu ergeben? Will ich noch alles kontrollieren oder bin ich bereit, mich als Teil des Ganzen einzubetten und mich fliessen zu lassen? Mein Gemüt ist bewegt. Es springt hin und her

Viele sagen: «Wow, du bist mutig, so eine Reise zu unternehmen. Ganz alleine mit dem Fahrrad nach Marokko.» Dann entgegne ich oft: «Ja vielleicht, aber ich habe auch Angst.» Ich habe Angst vor dem all

bottom of page